Valeria Shashenok lebt in der Ukraine das unbeschwerte Leben einer jungen Frau. Als freiberufliche Fotografin ist sie in Kiew und Umgebung unterwegs. Ihre Arbeiten präsentiert sie auf ihren Social Media Kanälen auf Tik Tok und Instagram.

Als Putins Truppen im Februar ihren Angriffskrieg starten, ist Valeria gerade zu Besuch bei ihren Eltern in Tschernihiw, nördlich von Kiew. Das Haus ihrer Eltern ist voller lebhafter Erinnerungen an eine unbeschwerte Kindheit und nicht weit davon entfernt gibt es eine Besonderheit. Valerias Vater hat in seinem ehemaligen Kellerbüro einen Bombenschutzkeller eingerichtet. Mit Computer, WLAN, Toiletten, Dusche und sogar Fitnessgeräten. So ist Valerias erstes Video entstanden.
“Mama, tanz ein bisschen” fordert Valeria ihre Mutter nach langweiligen Stunden im Bunker auf. Und postet das Video dann auf ihren Kanälen. Dort trendet gerade “Things that just make sense in a bomb Shelter” und Valerias Video geht sofort viral.
In der Folge berichtet sie immer wieder über die Folgen des russischen Angriffs auf ihr Heimatdorf und hat damit einen großen Erfolg. Schließlich ist die Anteilnahme weltweit sehr groß, alle sind begierig auf Informationen. Und wer hat schon WLAN im Bunker und kann live berichten?!
Die Einschläge kommen immer näher. Als das Hotel Ukraina in Tschernihiw zerstört wird, fasst Valeria den Entschluss, das Land zu verlassen. Mit dem Zug schafft sie es nach Warschau. Von dort nach Berlin und über Kontakte, die sie nicht zuletzt durch ihre mediale Berühmheit hat, nach Mailand.
Gibt es keine anderen Dinge, die wichtig sind?
Und genau ab hier habe ich das Buch kurz mal nicht mehr verstanden. Ich habe es mir Mitte September 2023 bestellt und nicht darauf geachtet, dass es bereits im Frühjahr 2022 erschienen ist.
Ich konnte die Schilderungen über das Flanieren durch malerische Gassen nicht zuordnen und dachte mir immer wieder: “In deinem Land herrscht seit einem Jahr ein grausamer Krieg, dein Cousin ist durch eine Bombe getötet worden und du feierst dich als Tik Tok Star?” Bis mir gedämmert ist, was ich da lese. Mitte Mai 2022 dachte niemand, dass Putins Krieg lange dauern würde. Was Valeria in ihrem Buch und natürlich auf ihren Online-Kanälen schilderte, war genau dieses Unverständnis. Diese Unfähigkeit, sich einen Jahre dauernden Krieg mitten in Europa vorzustellen. Und auch das Verdrängen des Grauens.
An der Enttäuschung war ich also selbst schuld, weil ich nicht auf das Erscheinungsdatum geachtet habe. Sonst hätte ich vermutlich nach einem Buch gesucht, das mehr Einblicke in die Folgen der russischen Invasion gibt.
Valeria Shashenok
Valeria Shashenok ist 20 Jahre als und kommt aus Tschernihiw, einer Stadt nördlich von Kiew in der Ukraine. Sie ist freiberufliche Fotografin, ihre Arbeiten präsentiert sie auf Tik Tok und Instagram. Als Putin im Februar 2022 völkerrechtswidrig die Ukraine angreift, flüchtet Valeria mit ihrer Familie erst in den familieneigenen Luftschutzkeller und dann von Polen über Deutschland nach Italien.
Buchinfo: 24. Februar und der Himmel war nicht mehr blau von Valeria Shashenok, erschienen bei story.one, Mai 2022, 90 Seiten, gebunden, € 18,00,ISBN 978-3903715226. Danke für das Leseexemplar.
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