27. Februar 1958, Via Osoppo, Mailand. Wie aus dem Nichts tauchen sieben schwer bewaffnete Gangster auf und rauben bei hellichtem Tag einen Geldtransporter aus. Der größte Coup in der Kriminalgeschichte Italiens. Die Bevölkerung ist begeistert von der Kaltschnäuzigkeit und feiert die Räuber wie Helden. Die Polizei ist entsetzt und sinnt auf Rache. Der 27. Februar 1958 ist der Tag, der über die Zukunft von Roberto und Antonio, zwei Jungs aus Mailands Straßen, entscheidet.
Es ist der Coup überhaupt: Sieben Männer überfallen quasi direkt vor den Augen der Polizei und der Passanten einen Geldtransporter und erbeuten eine spektakuläre Summe. Für den Großteil der Mailändischen Bevölkerung, die unter Armut und Hunger leidet, sind sie die wahren Helden. Die Revolutionäre, die ihr Schicksal selbst in die Hand genommen und gesiegt haben. Die Zeit der Ligera, der viel zitierten Mailänder Unterwelt nimmt ihren Anfang.
Roberto, der Kriminelle und Antonio, der Polizist
Zu den Zeugen des Überfalls gehören auch Roberto und Antonio, zwei Jungen aus den Vierteln Mailands, in denen Gewalt und Diebstahl zum Alltag gehören. Die spektakuläre Tat veranlasst sie zu Entscheidungen, die ihr Leben beeinflussen werden. Roberto schwört sich, als Krimineller eines Tages ebenso erfolgreich zu werden, wie die Gang aus der Via Osoppo. Und er erreicht sein Ziel. Er wird zur Legende in ganz Italien.
Antonio beschließt, diese Ungerechtigkeit für den Rest seines Lebens zu bekämpfen. Er wird Polizist und verschreibt sein Leben der Jagd nach den größten Verbrechern Italiens. Auch er wird zur Legende und riskiert dafür alles. Auch seine Familie.
Zwanzig Jahre lang begleitet der Leser die Wege von Roberto und Antonio. Immer wieder prallen sie aufeinander. Mal siegt der eine, mal der andere. Ihr Kampf wird zur Besessenheit und dreht sich letzten Endes nur noch darum, wer von beiden den finalen Schlag anden wird.
Eine Reise durch die turbulente Geschichte Mailands
Paolo Roversi nimmt die Leser mit auf eine Reise durch die Geschichte Mailands in den Fünfziger, Sechziger und Siebziger Jahren. Sie begleiten Antonio, den überzeugten Polizisten, den die Studentenunruhen der späten Sechziger zum Zweifeln bringen, ob er auf der richtigen Seite des Gesetzes steht, sich aber seiner Berufung nicht entziehen kann, auch als er dabei seine Ehe aufs Spiel setzt. Und sie begleiten Roberto bei seinen Gefängnisaufenthalten, in denen er seine neuen Coups vorbereitet. Quasi im Vorbeigehen gibt es noch einen Überblick über die Musikgeschichte dieser Zeit.
Ohne Zweifel, Milano Criminale ist ein hochkarätiges und wirklich Buch. Mich hat es allerdings nicht wirklich erreicht. Dafür ist – neben dem sehr sachlichen, journalistischen Stil – sicher auch die Tatsache verantwortlich, dass ich immer nur wenige Seiten am Stück lesen konnte. Etwa bis zur Mitte des Buches musste ich immer wieder nachblättern, wer denn jetzt wer ist. Dadurch zog sich die Story für mich sehr in die Länge.
Trotzdem kann ich Milano Criminale jedem empfehlen, der tief in die Kriminalgeschichte einer Stadt eintauchen möchte. Er wird mit den Ängsten und Zweifeln, der Begeisterung über Erfolge und die Verzweiflung bei Niederlagen, also mit den Gefühlen hinter Gewalt und Recht belohnt.
Paolo Roversi
Paolo Roversi, geboren 1975 , ist Journalist und lebt in Mailand. Für seinen Kriminalroman Die linke Hand des Teufels erhielt er den Premio Camaiore, einen renommierten Preis für Kriminalliteratur. Er gehört zu einer neuen Generation italienischer Kriminalautoren und wird von der Presse hoch gelobt. In Frankreich istMilano Criminale für den Prix Polarnominiert.
Buchinfo: Milano Criminale von Paolo Roversi, erschienen bei Ullstein, März 2013, 464 Seiten, gebunden, € 19,99, ISBN ISBN-13: 978-3-550-08875-9
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