In Gefährlich lecker, erschienen im Heyne Verlag, nimmt Chris van Tulleken die Lebensmittelindustrie unter die Lupe. Dabei taucht er tief in die Welt der hochverarbeiteten Lebensmittel (HVL) ein und beleuchtet deren Auswirkungen auf unsere Gesundheit.

Hochverarbeitete Lebensmittel sind Produkte, die durch zahlreiche Verarbeitungsschritte und mit Zusatz von Inhaltsstoffen wie Zucker, Fett und Salz sowie verschiedenen Zusatzstoffen hergestellt werden. Diese Lebensmittel sind oft kalorienreich, nährstoffarm und werden mit einer erhöhten Gefahr für verschiedene Gesundheitsprobleme in Verbindung gebracht, darunter Übergewicht, Herzkrankheiten und Diabetes. Van Tulleken argumentiert, dass die Lebensmittelindustrie diese Produkte bewusst so gestaltet, dass sie unwiderstehlich sind. Dabei setzt sie Techniken ein, die unsere natürlichen Instinkte ausnutzen und zu einem übermäßigen Konsum führen.
Interessant aber nicht überzeugend
Mit dem provokanten Untertitel “Wie uns die Lebensmittelindustrie manipuliert, damit wir all die ungesunden Dinge essen – und nicht mehr damit aufhören können” weckt das Buch hohe Erwartungen. Klar also, dass ich sehr neugierig auf dieses Buch war. Entsprechend enttäuscht war ich dann, dass ich so wenig damit anfangen konnte. Ja, das Buch hält viele interessante Informationen und Einsichten bereit, aber auch viele Aspekte, die meiner Meinung nach kritisch betrachtet werden müssen.
Besonders die Theorie des Autors, wie der Körper seinen Kalorienbedarf reguliert, erscheint nicht vollständig überzeugend. Van Tulleken, dessen Expertise und Leidenschaft für das Thema Gesundheit unbestritten ist, neigt dazu, seine eigene Sichtweise als die einzig gültige darzustellen, während er gleichzeitig viele Fachstudien, die eine andere Sicht auf das Thema bieten, abweist. Diese Herangehensweise hat mich von Kapitel zu Kapitel mehr irritiert.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die manchmal einseitige Darstellung der Lebensmittelindustrie. Obwohl es unbestreitbar ist, dass es Probleme und Herausforderungen gibt, die angegangen werden müssen, wäre eine differenziertere Betrachtung, die auch positive Ansätze und Bemühungen innerhalb der Industrie anerkennt, wünschenswert gewesen.
Trotz dieser Kritikpunkte ist „Gefährlich lecker“ ein aufschlussreiches Buch, das wichtige Fragen aufwirft und zum Nachdenken anregt. Es bietet Leserinnen und Lesern die Möglichkeit, ihr eigenes Essverhalten zu reflektieren und ihre Entscheidungen bewusster zu treffen. Für alle, die sich für Ernährung, Gesundheit und die Praktiken der Lebensmittelindustrie interessieren, bietet dieses Buch zweifellos interessante Einblicke.
Mein Buch war es eindeutig nicht. Ich habe bestimmt sechs oder sieben Mal angesetzt und es spätestens nach ein bis zwei Kapiteln wieder zur Seite gelegt Primär deshalb, weil ich einen anderen Umgang mit wissenschaftlichen Studien gewohnt bin. Egal, ob sie auf die eigene Strategie einzahlen oder nicht.
Chris van Tulleken
Chris van Tulleken, Jahrgang 1978, ist praktizierender Arzt, außerordentlicher Professor am University College London und für die BBC tätig. In seiner wissenschaftlichen Arbeit fokussiert sich van Tulleken auf die Integrität von Forschungsergebnissen und auf Interessenskonflikte bei Studien, insbesondere in Bezug auf Babynahrung. Als Fernseh- und Radiomoderator der BBC hat er zahlreiche Programme mit medizinischen Themen entwickelt und präsentiert. Er ist zweifacher Gewinner des British Academy Film Awards und wurde weitere fünfmal hierfür nominiert.
Aus dem Englischen von Daniel Müller und Sven Scheer.
Buchinfo: Gefährlich lecker von Chris van Tulleken, erschienen bei Heyne, Mai 2023, 416 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, € 24,00, ISBN: 978-3-453-21847-5. Danke für das Leseexemplar.

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