Leila lebt in Finnland. Sarah, Ihre Mutter ist Finnland-Schwedin. Ihr Vater kommt aus dem Maghreb, ist Muslim. Das Verrückte daran: Nach der Heirat ist ihre Mutter zum Islam konvertiert und lebt ihr Leben extrem orthodox. Dass sie damit das Leben ihrer Familie gefährdet, versteht sie erst, als das Leben von Samira, ihrer ältesten Tochter auf dem Spiel steht.
Samiras und Leilas Leben ist kompliziert. Das liegt nicht nur daran, dass das Leben für Jugendlich generell kompliziert ist. Es liegt auch nicht daran, dass sie nicht gerade in der besten Gegend wohnen. Es liegt an ihrer Familie.
Der Vater, ein Moslem aus dem Maghreb, der seinen Glauben eher entspannt sieht, ist als Busfahrer viel unterwegs. Samira, die älteste Tochter, hat ihr Heil in der Flucht gesucht. Sie lebt seit kurzer Zeit in einer eigenen Wohnung. Nur Leila, die jüngste Tochter lebt noch daheim und ist damit dem Fanatismus ihrer Mutter gnadenlos ausgeliefert. Denn die ist zum Islam konvertiert und lebt diesen in der strengstmöglich Form aus. Dabei hat es Leila sowieso schon nicht leicht. Sie hat die falsche Hautfarbe, wohnt in der falschen Gegend und mit der Flucht ihrer Schwester ins Frauenhaus hat sie auch nicht ihre letzte Ansprechpartnerin verloren.
Ein tragisches Unglück verhindert, dass die Familie vollends zerbricht.
Eine Generation im Zwiespalt
Asphaltengel, so bezeichnet man die Mädchen, die in Europa in streng muslimischen Elternhäuser aufwachsen und dem Druck, der auf sie ausgeübt wird, nicht standhalten können oder wollen. Man findet sie morgens tot auf dem Asphalt. Der letzte Ausweg vor der Zwangsverheiratung in einem fremden Land. Nicht immer ist der Sprung in den Tod dabei freiwillig. Manche der Mädchen haben auch gebrochene Knöchel dort, wo sie sich am Balkongeländer festhalten wollten…
Johanna Holmström hat sich mit “Asphaltengel” keine leichte Kost vorgenommen. Aber vielleicht ist gerade deshalb ein so bewegendes Buch geworden. Die Mischung aus Schwermut und Lebensfreude, aus Mobbing, Fremdenhass und Auflehnung, aus Verzweiflung und Mut macht “Asphaltengel” so anders. Und noch nie habe ich so tiefe Einblicke in den Zwiespalt junger Mädchen bekommen, die zwischen unterschiedlichen Kulturen aufwachsen. Die sich öffnen wollen, damit aber in ihrem Innern doch nicht so einfach klar kommen. Auch die Schwierigkeiten und Missverständniss, mit denen Menschen im fortgeschrittenen Alter kämpfen müssen, die – aus welchen Gründen auch immer – konvertieren, waren mir nur sehr oberflächlich bewusst.
Keine leichte Kost
Ich danke Johanna Holmström für diese Einblicke und kann “Asphaltengel” nur empfehlen. Kein leichtes Buch aber eines das sich definitiv lohnt!
Johanna Holmström
Johanna Holmström wurde 1981 in Sibbo geboren. Sie gehört der schwedischsprachigen Minderheit in Finnland an. Seit einigen Jahren lebt sie mit ihren zwei Töchtern in Helsinki. Sie ist Journalistin und studiert arabische Literaturwissenschaft. Für ihre Erzählungen erhielt sie unter anderem den Literaturpreis des Svenska Dagbladet. Asphaltengel wurde von der Presse hymnisch besprochen.
Buchinfo: Asphaltengel von Johanna Holmström, erschienen bei Ullstein, 400 Seiten, Klappenbroschur, erschienen September 2014, € 14,99, ISBN 978-3-550-08057-9
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