Es klingt perfekt. Tina soll ein paar Wochen nach London gehen und fürs Shoppen und Bummeln auch noch fürstlich belohnt werden. Einziger Nachteil: Sie darf während der Zeit keinen Kontakt zu ihrem “alten Leben” aufnehmen. Klingt nach einem guten Deal.
In Berlin nimmt der “Krieg” gegen kriminelle Clans immer brutalere Züge an. Nael Bruck vom LKA hat dazu beigetragen, einen Großteil der männlichen Mitglieder des Taffa Clans hinter Gitter zu bringen. Dabei wurde der Sohn des Clanchefs erschossen. Von Nael. Bis er deswegen vor Gericht aussagen muss, wurde er nach Den Haag zu Europol abgeordnet. Zu seinem eigenen Schutz, denn die Taffas haben Rache geschworen.
Zur gleichen Zeit in Köln. Tinas Leben ist nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters aus den Fugen geraten. Auch beruflich läuft es nicht zu ihrer Zufriedenheit. Da kommt das Angebot, für einige Wochen die Stadt zu verlassen genau richtig. In London soll sie eine Wohnung beziehen und in Luxusläden shoppen gehen. Auf Kosten ihres Auftraggebers natürlich. Und on top bekommt sie 50.000 Euro als Prämie. Einzige Auflage: Tina darf in dieser Zeit keinen Kontakt zu Freunden und Familie aufnehmen. Auf keinem Kanal.
Während Tina in London die Luxusboutiquen plündert, überwacht Nael in Den Haag jeden Schritt der Clanmitglieder. Europool nutzt dazu eine mächtige intelligente künstliche Intelligenz, die die Bilder aller öffentlichen Überwachungskameras der angeschlossenen Länder automatisch auswertet. In Kombination mit neuester Gesichtserkennungs-Software lässt sich der Weg jeder gewünschten Person nachverfolgen. Vorausgesetzt es sind Überwachungskameras in der Nähe. Und tatsächlich, die Taffas scheinen einen großen Coup zu planen.
Ich würde gerne sagen: Das ist nur Fiktion
Tja, was soll ich sagen. Da lese ich einen Thriller und zweifle keine Sekunde daran, dass diese Story vielleicht keine Fiktion sein könnte. Die maschinelle Gesichtserkennung hat einen Riesensprung gemacht. Von KI ganz zu schweigen. Wenig verwunderlich, dass sowohl die organisierte Kriminalität als auch die Strafverfolgungsbehörden diese Möglichkeiten für ihre Zwecke nutzen.
Zwar denke ich bei vielen Rufen nach mehr Privatsphäre und Datenschutz oft, dass ich ja nichts zu verbergen habe, aber immer wenn ich solche Thriller lese, zweifele ich, ob das alles doch so toll ist. Ob man nicht vielleicht doch schnell mal in den Fokus von Ermittlungen kommt, mit denen man nichts zu tun hat. Und natürlich ob die entsprechenden Aufzeichnung auch wirklich fristgerecht wieder gelöscht werden.
Watch hat mich gepackt und zwischen Faszination über die technischen Möglichkeiten und dem Entsetzen über die Brutalität der Auseinandersetzungen hin und her schlingern lassen. Denn die Beschreibung der Clan-Aktivitäten ist keine Erfindung des Autors. Watch von Michael Meisheit ist brandaktuell!
Michael Meisheit
Michael Meisheit, 1972 in Köln geboren, studierte an der Filmakademie Baden-Württemberg Drehbuch und ist seit über zwanzig Jahren im deutschen Fernsehgeschäft aktiv. Meisheit lebt mit seiner Familie in Berlin-Kreuzberg.
Buchinfo: Watch von Michael Meisheit, erschienen bei Heyne, 14. Juni 2021, 416 Seiten, € 10,99, ISBN 978-3-453-42448-7. Vielen Dank für das Leseexemplar.
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