“Danke, mir geht es gut.”, so antwortete Schauspieler und Autor Kurt Krömer jahrelang auf die Frage nach seinem Befinden. Weil er keine Diskussionen um seine Gesundheit führen wollte. Und weil er Zweifel hatte, ob die Wahrheit seiner beruflichen Karriere schaden könnte. Mit “Du darfst nicht alles glaube, was du denkst” setzt er dem endgültig ein Ende.

Auf der Bühne und im Fernsehen ist Alexander Bojcan Kurt Krömer. Eloquent, intelligent, schlagfertig, witzig. Wenn er vor Zuschauerinnen auf der Bühne steht, ist seine Welt in Ordnung. Auf der Bühne lebt er seinen Traum. Doch kaum ist der Auftritt zu Ende, senkt sich diese schwere dunkle Wolke wieder auf sein Leben. Dann zweifelt er an allem, schafft es morgens nicht, aufzustehen und die alltäglichsten Dinge zu erledigen. Sieht in jeder Kleinigkeit ein unüberwindbare Hürde.
Als es ihm immer schwerer fällt, seine Kinder zu versorgen – Krömer ist alleinerziehender Vater, drei seiner vier Kinder leben bei ihm – und sich die Panikattacken häufen, sucht er endlich professionelle Hilfe. Diagnose: Eine schwere Depression. Im Gespräch mit den Therapeuten wird Krömer klar, dass die Erkrankung ihn vermutlich schon seit Jahrzehnten begleitet. Seine Ungeduld, seine Antriebslosigkeit, seine ständige Sorge um die Kinder auch bei Kleinigkeiten, das Gefühl, nie Herr der Lage zu sein. Die Ärztinnen empfehlen dringend einen stationären Aufenthalt.
Nach einigem Hadern, lässt sich Alexander Bojcan aka Kurt Krömer auf mehrere Wochen in einer Tagesklinik ein. Tagsüber überlässt er sich den Profis. Nachts schläft er daheim bei seinen Kindern. Für Haus, Einkäufe, Haushalt stellt er eine Kraft an. Die Sorge, wie seine Fans reagieren, wenn der Komiker Krömer seine Depression öffentlich macht, treibt ihn aber weiter um. Unbegründet, wie sich nachträglich herausstellt. Seine Fans und generell die Öffentlichkeit reagieren sehr respektvoll. Sie haben Achtung vor der Offenheit und freuen sich mit ihm, dass der Klinikaufenthalt einen Knoten zum Platzen bringt, der ihm jahrzehntelang die Luft nahm.
Versteck doch deine Depression bitte nicht
Ich mag “Chez Krömer”, Kurt Krömers Sendung beim RBB sehr. Die oft gegen den Strich gebürsteten Talkgäste. Bei manch einem oder einer hätte ich selbst mich nicht beherrschen können. Mein absolutes Highlight der Reihe war und ist die Folge gemeinsam mit Torsten Sträter. Auch er macht aus seiner Depression kein Geheimnis. Selbstironisch geht er immer mal wieder damit an die Öffentlichkeit. Bei “Chez Krömer” saßen da zwei coole, klare, intelligente Männer im mittleren Alter und unterhalten sich über ihre Erfahrungen mit einer hinterlistigen Erkrankung. Immer wieder schlägt sie zu, nimmt einem unvermittelt jeglichen Antrieb. Zu erkennen, dass man nicht einfach nur den Hintern nicht hoch bekommt, sondern wirklich krank ist und externe Hilfe braucht.
Ein großartiges Gespräch zweier großartiger Kerle! Selbstironisch ernsthaft, offen und ehrlich. Und für alle Menschen, die selbst Erfahrungen mit Depressionen gemacht haben, mit so unglaublich hohem Wiedererkennungswert! Menschen, die die dunkle Wolke über ihrem Leben kennengelernt haben, sind besondere Menschen. Dank prominenter “Vorbilder” trauen sich immer mehr aus ihrer Ecke. In meinem Umfeld ernten sie dafür sehr viel Zuspruch und emotionale Unterstützung. Ich wünsche mir, dass die Gesellschaft irgendwann genauso selbstverständlich mit psychischen Erkrankungen umgeht wie mit physischen. Wetten, die Zeiten für Klinikaufenthalt oder Therapie werden dadurch kürzer?
Liebe Alexander Bojcan, DANKE für dieses herzerwärmende Buch!
Kurt Krömer
Kurt Krömer, alias Alexander Bojcan, wurde 1974 geboren und ist Komiker und Schauspieler. Er ist vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Deutschen Fernsehpreis und dem Grimme-Preis. Seine Sendung »Chez Krömer« läuft im rbb und auf YouTube und wird millionenfach geguckt. Zuletzt war er in der Comedy-Show »LOL – Last one laughing« zu sehen.
Buchinfo: Du darfst nicht alles glauben, was du denkst von Kurt Krömer, erschienen bei Kiepenheuer & Witsch, 10. Mörz 2022, 192 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, € 20,00.
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