Kilian Eisfeld: Wahnspiel

Lukas Schneider hat eine junge Frau brutal ermordet. Als er vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen wird, tobt der Mob im Internet. Befeuert von einem regionalen Online-Hetzblatt. Die Heidelberger Kommissare Alex Schwerdt und Sofija Markovic greifen zu ungewöhnlichen Methoden um den Fall zu lösen.

Lukas Schneider und sein Kumpel Jannik Trabold haben sich in einem Incel-Forum kennengelernt. Dort treffen sich Männer, die sich von Frauen bedroht und deshalb benachteiligt fühlen. Sie bekommen keine Partnerinnen ab, weil Frauen nur auf Geld und Status aus sind. Das, was Incels nicht zu bieten haben. Dabei haben auch sie ein Anrecht auf willige Frauen – denken sie. Diese Vorstellung geht sogar so weit, dass sie vom Staat verlangen, dass er allen Männern Frauen zuteilt. Ob sie wollen oder nicht. Eine völlig kranke Denke.

Gegenseitig schaukeln sie sich in den Foren hoch. Posten Fotos von Frauen und äußern sich hemmungslos erniedrigend über sie und teilen sogar Vergewaltigungs- und Tötungsfantasien. So lebhaft, dass Lukas und Jannik eine davon in die Tat umsetzen. Als sie besonders frustriert sind, observieren sie die 22-jährige Michelle Neureuther. Sie warten auf die passende Gelegenheit und während Jannik alles für die Freunde im Forum filmt, bedroht Lukas Michelle mit einem Baseballschläger. Was eigentlich nur als Einschüchterung gedacht war, läuft aus dem Ruder. Lukas schlägt zu. Hemmungslos. Und Trabold hält mit der Kamera drauf. Einige Tage später stirbt die junge Frau an ihren Verletzungen. Lukas kann als Täter ermittelt werden, Jannik wird aus Mangel an Beweisen freigesprochen, weil die Kamera nie gefunden wird.

Der Mob tobt!

Als Lukas vorzeitig aus der Haft entlassen wird und wieder bei seiner Mutter einzieht, schlagen die Wellen in Heidelberg hoch. Das Haus wird belagert, Lukas wird wild beschimpft, Wände und Türen beschmiert, die Nachbarn bedroht. Noch schlimmer ist es im Netz, wo öffentlich zu Lynchjustiz aufgerufen wird. Als der junge Mann plötzlich verschwunden ist, befürchtet die Polizei das Schlimmste.

Und tatsächlich wird bei Bauarbeiten eine abgetrennte Hand gefunden. Die Analysen zeigen: Sie gehörte Lukas Schneider. Als ein Spaziergänger eine weitere abgeschlagene Hand findet, spitzt sich die Situation zu. Denn diese gehört nicht Schneider. Es ist Kommissar Alex Schwerdt zu verdanken, dass die Sonderkommission ungewöhnliche Wege zur Aufklärung der Tat geht. Denn ihm fällt auf, dass die Leichenteile an früheren Hinrichtungsplätzen in Heidelberg abgelegt wurden. Und sein Faible für Geschichte bringt ihn auf die Spur des Entführers.

Cooler Mix aus historisch und modern

Wahnspiel von Kilian Eisfeld ist ein sehr sehr cooler Krimi. Eigentlich habe ich mit „Mystery“ nichts am Hut, aber Kilian Eisfeld hat die mysteriösen Komponenten so intelligent präsentiert, dass ich begeistert bin. Glaubhaft und logisch statt esoterisch und spooky.

Das Ganze hat er in ein perfektes Neuzeitszenario gepackt. Ich bin seit vielen Jahren im Netz aktiv. Und ich engagiere mich klar und entschieden gegen Hass und Hetze. Aufzuzeigen, wie Neu-Nazis Menschen skrupellos für ihre Ziele instrumentalisieren, sie mit Falschinformationen aufstacheln, ist so wichtig. Wie sie sich freuen, wenn diese Marionetten dann die Dinge öffentlich aussprechen, die sie so selbst nie kommunizieren würden, weil sie wissen, dass das strafrechtlich relevant ist. Und wie sie genau wissen, dass vieles von dem, was sie in die Welt gekübelt haben, bei denen, die nach einfachen Lösungen hängenbleiben wird.

Kilian Eisfeld ist es sehr unaufgeregt gelungen, das Verhalten der lauten Minderheit, wie wir es seit einigen Jahren kennen, in die Ermittlungen zu einem sehr speziellen Kriminalfall einzubeziehen. Und das in einer Form, die ich aus meiner täglichen Arbeit kenne.

Ein sehr frischer, moderner und spannender Krimi, auf den man sich unbedingt einlassen sollte. Ich freue mich auf mehr.

Kilian Eisfeld

Kilian Eisfeld arbeitete zunächst als Sozialarbeiter in einer psychiatrischen Klinik, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Als Daniel Wolf verfasste er zahlreiche historische Bestseller, die sich bislang über eine Million mal verkauften. “Wahnspiel” ist sein erster Kriminalroman. Anfang des Jahrtausends wohnte er eine Weile über einer der populärsten Kneipen Heidelbergs, ehe er nach Speyer zog, wo er heute lebt und arbeitet.

Buchinfo: Wahnspiel von Kilian Eisfeld, erschienen bei KNAUR, 1. März 2023, 416 Seiten, Klappenbroschur, € 14,99, ISBN: 978-3-426-52497-8. Danke für das Leseexemplar.


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