Menno Schilthuizen: Darwins Peepshow

344 Seiten voller Sex. Voll intimster Details. Tiefster Einblicke. Ein Highlight für alle Fetischisten. Sofern sie auf Sex bei Tieren stehen. Wohlgemerkt: Bei, nicht mit. Denn Menno Schilthuizen erklärt uns Evolutionsbiologie und zeigt dabei, wie unkreativ die Fortpflanzung bei uns Menschen eigentlich geregelt ist.

UnbenanntDarwins Peepshow. Der Titel klang für mich als (unter anderem) Naturwissenschaftlerin verlockend. Er klang nach einer witzigen Herangehensweise an das Thema Fortpflanzung und Evolution. Und tatsächlich wurde ich nicht enttäuscht. Wie so oft, wenn ausgewiesene Fachleute auch noch gut schreiben können, wurde ich ausgiebigst mit Details zu tierischen Genitalien versorgt und das in absolut unterhaltsamem Stil. Mal musste ich dabei grinsen, mal staunen und mal war es einfach auch ein bisschen … bäääähhhhh. Aber immer faszinierend.

Das Genital macht den Unterschied

Wussten Sie, dass man die Zugehörigkeit vieler Insekten zu bestimmten Gattungen nur über ihre Genitalien bestimmen kann? Auch wenn sie von außen noch so ähnlich sind, die Tücke liegt im Detail. Überhaupt ist die Vielfalt der Ausprägungen überwältigend. Und der Sinn dieser Differenzierungen genauso. Denn hier geht es nicht um einfache Schloss- und Schlüsselprobleme, sondern um äußerst raffinierte Mechanismen der Evolution.

So gibt es zum Beispiel Männchen, die ihren Penis als Schaufel benutzen und damit im ersten Schritt die Vagina des Weibchens “ausbaggern”, um so eventuelle Hinterlassenschaften seiner Vorgänger zu beseitigen. Das soll die Nachkommenschaft dieses einen Männchens sichern. Vermutlich kommt da auch der Begriff “anbaggern” her?!

Die Weibchen greifen mächtig in die Trickkiste

Wer jetzt denkt: “Wow, clever!”, der wird bei den Tricks, die die Weibchen auf Lager haben, den Mund vor lauter Staunen nicht mehr zu bekommen. Da gibt es Mehrkammernsysteme, Sackgassen, Ausspül- und Ausquetschtricks. Und die besonders guten “Tröpfchen” außerordentlich attraktiver Männchen werden aufgehoben, konserviert, sicher gelagert und kommen bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt zum Einsatz. Sprich, die Weibchen entscheiden, wessen Sperma zum Einsatz kommt und wessen Nachwuchs das Rennen macht.

Wirklich spannende Einblicke, die uns Menno Schilthuizen hier präsentiert. Und sie zeigen uns vor allem eines: Die Tierwelt hat Tricks drauf, da können wir Menschen nur staunen. Wer denkt, Menschensex sei einfallsreich, der wird nach Darwins Peepshow umdenken müssen.

Sex ganz neu betrachtet

Darwins Peepshow von Menno Schilthuizen geht ins Detail, im wahrsten Sinne des Wortes. Schmunzelgarantie inklusive. Und trotz Humor und unterhaltsamen Schreibstil bleiben weder wissenschaftliche Fakten noch der gute Geschmack auf der Strecke. Dass man diese Peepshow genossen hat, kann man ohne falsche Scham offen zugeben.

Von mir bekommt Darwins Peepshow ein “Daumen hoch”!

Menno Schilthuizen

Prof. Dr. Menno Schilthuizen, Jg. 1965, ist als Evolutionsbiologe am “Naturalis”, dem niederländischen Zentrum für Biodiversität, tätig und lehrt an der Universität Leiden. Er hat zahlreiche Fachveröffentlichungen sowie populärwissenschaftliche Bücher (Frogs, Flies & Dandelions: The Making of Species, The Loom of Life; Unravelling Ecosystems) vorgelegt und schreibt für Zeitschriften wie Natural History, New Science, Science oder das niederländische Handelsblad.

Buchinfo: Darwins Peepshow von Menno Schilthuizen, erschienen bei dtv, Oktober 2014, 344 Seiten, 19,90 €, ISBN 978-3-423-28041-9. Deutsche Übersetzung: Kurt Neff. Vielen Dank für das kostenlose Leseexemplar.


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2 Antworten zu „Menno Schilthuizen: Darwins Peepshow”.

  1. Avatar von Petra Wiemann

    Tolle Rezension, die es perfekt auf den Punkt bringt! Mich hat das Buch ebenso begeistert.

    1. Avatar von Ulrike

      Danke. 🙂
      Wobei ich so gegen Schluss schon auch mal dachte: Boah, ich will jetzt nichts mehr über Geschlechtsorgane lesen.

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