Kriminalrätin Melia Adan ist überzeugt, dass ein rechtes Netzwerk ihre Kollegin Solveig umgebracht hat. Doch bei ihrer Behörde, dem Verfassungsschutz, stößt sie auf eine Mauer des Schweigens. Melia verlässt die Behörde. Doch die Suche nach Solveig gibt sie nicht auf. Sie wendet sich an die Öffentlichkeit.

Vincent Veih, Leiter der Mordkommission und ein Mitarbeiter von Kriminalrätin Melia Adan, wird zu einem Tötungsdelikt gerufen. Eine junge Frau wurde in ihrer Wohnung erstochen. Ehe sie verstarb, konnte sie noch selbst den Notruf tätigen. Als die Sanitäter eintreffen, flieht ein junger Mann aus der Wohnung. War es der Mörder?
Schnell fällt der Verdacht auf Miran, den Freund der ermordeten Klara. Ein gefundenes Fressen für die rechtslastige Öffentlichkeit, denn Miran hat einen kurdischen Migrationshintergrund. Dass weder seine Mutter noch sonst jemand weiß, wo er sich aufhält, und er auch nicht an sein Handy, scheint ein Schuldeingeständnis zu sein.
Während alles nach einem klaren Fall aussieht, zweifelt Melia Adan, dass Miran seine Freundin umgebracht hat. Beide hatten Pläne, wollten gemeinsam in die Wohnung ziehen, die Klara von ihrem Vater, einem renommierten, Psychiater bekommen hatte. Und welche Rolle spielt der mysteriöse Fremde, der offensichtlich in der Wohnung übernachtet hat? Nur Melia scheint sich wirklich für ihn zu interessieren, während Vincent Veih auf einen schnellen Abschluss des Falles aus zu sein scheint.
Je länger die Ermittlungen dauern umso klarer wird: Bei Klaras Tod handelt es sich ganz eindeutig nicht um eine simple Beziehungstat. Immer wieder stößt Melia bei ihren Recherchen auf Spuren der Neonazi-Szene, auf Drogensumpf und Korruption. Und immer scheinen Mitarbeiter:innen von Polizei und Verfassungsschutz die Finger im Spiel zu haben. Kriminalräting Adan sieht ihren alten Verdacht bestätigt: In deutschen Behörden wird mit der rechten Szene sympatisiert.
Keine Lust auf Nazisprüche?
Als ich in Die Stunde der Wut von Horst Eckert auf die ersten typischen rechten Sprüche gestoßen bin, war ich kurz davor, das Buch ungelesen zur Seite zu legen. Weil ich einfach keine Lust mehr auf dieses dumme, rassistische, frauenfeindliche Gewäsch habe. Damit beschäftige ich mich schon aus anderen Gründen genug. In diesem Fall wäre das aber eine fundamental falsche Entscheidung gewesen, denn Horst Eckert hat mit Die Stunde der Wut ein topaktuelles Buch mit klarem politischem Bezug abgeliefert.
Dass Verfassungsschutz und Polizeibehörden immer noch zu oft auf dem rechten Auge, wenn auch nicht blind, so doch eindeutig sehbehindert sind, ist kein Geheimnis. Wer sich mit der Thematik regelmäßig beschäftigt, weiß auch um die Seilschaften in der Wirtschaft und um die zunehmende Enthemmung der Szene. Deshalb liest sich Die Stunde der Wut so unfassbar realistisch. Von mir eine klare Leseempfehlung, vor allem auch für die, die bislang immer noch zweifeln, dass es Zeit wird, stärker durchzugreifen.
Horst Eckert
Horst Eckert, 1959 in Weiden/Oberpfalz geboren, lebt seit vielen Jahren in Düsseldorf. Er arbeitete fünfzehn Jahre als Fernsehjournalist, u.a. für die “Tagesschau”. 1995 erschien sein Debüt “Annas Erbe”. Seine Romane gelten als »im besten Sinne komplexe Polizeithriller, die man nicht nur als spannenden Kriminalstoff lesen kann, sondern auch als einen Kommentar zur Zeit« (Deutschlandfunk). Sie wurden unter anderem mit dem Marlowe-Preis und dem Friedrich-Glauser-Preis ausgezeichnet und ins Französische, Niederländische und Tschechische übersetzt.
Buchinfo: Die Stunde der Wut von Horst Eckert, erschienen bei Heyne, 08. März 2021, 448 Seiten, € 12,99, ISBN: 978-3-453-44103-3. Danke für das Leseexemplar.
Kommentar verfassen