Mario Lima: Die Mauern von Porto

Nach einem Brand in Portos ältestem Stadtteil werden im leerstehenden Nachbarhaus die Skelette zweier Menschen gefunden. Beide halten sich noch im Tod eng umschlungen. Was auf den ersten Blick nach einer tragischen Romanze aussieht, entpuppt sich schnell als mysteriöser Mord.

Die Mauern von Porto von Mario Lima

Das enge, verwinkelte Bairro da Sé ist eines der ältesten Viertel der Stadt Porto. Und eines der zweilichtigsten. Viele Häuser sind seit langer Zeit verlassen. Fenster sind Blind oder eingeschlagen, Türen vernagelt. Lange Zeit war des ein Unterschlupf der Drogenszene, bis die Polizei dem ein Ende bereitet hat. Wer geblieben ist, lebt unter einfachsten Umständen. Man kennt sich, hält zusammen und bewahrt die Geheimnisse des Viertels. Besonders dann, wenn die Polizei auftaucht und Fragen stellt.

Denn genau das tut sie nach den Leichenfunden. Die Obduktion hat schnell ergeben, dass es sich dabei wohl um Mutter und Tochter im Teenager-Alter handelte. Und keine von beiden ist eines natürlichen Todes gestorben. Der Schädel der Mutter scheint mit einem schweren Werkzeug zertrümmert worden zu sein. Die Tochter vermutlich erwürgt, wie ihr gebrochenes Zungenbein vermuten lässt. Aufschluss auf die Liegedauer könnten zwei zurückgelassene Bierflaschen geben.

Wenig verwunderlich also, dass Inspektor Fonseca und sein Team bei den Ermittlungen auf eine Mauer des Schweigens stoßen. Genau in dem Moment, in dem sich eine erste Spur abzeichnet, treffen sie Ergebnisse bezüglich der Liegedauer ein. Die beiden Frauen wurden vor mindestens 25 Jahren getötet und eingemauert. Der Mord ist damit nach portugiesischem Recht verjährt. Die Ermittler:innen sind fassungslos. Ist das wirklich das Aus für ihren Fall?

Unser Start war so holprig wie das Pflaster der alten Gassen

Die Mauern von Lima haben sich mir nicht gleich von Beginn geöffnet. Mein Zugang war eher etwas unsicher und herantastend. So, als würde ich wirklich vorsichtig durch die ausgetretenen Gassen und über die rund gelaufenen Treppen des alten Viertels laufen.

Doch irgendwann hat mich die Atmosphäre gepackt. Mario Lima schildert sie ganz ruhig und vermutlich gerade deshalb so eindringlich, dass ich mich nicht entziehen konnte. Die Angst der Sozialhelferin Marcia, die arrogante Überheblichkeit ihres Onkels sind in jeder Zeile “fühlbar”.

Einen weiteren Aspekt bringt die Neue im Team, Tété Marinho, ins Spiel: Die Korruption und das Zweiklassensystem in Portugal. Ausführlich schildert sie ihre Erfahrungen bei ihrer früheren Dienststelle. Wer Geld hatte, konnte sich alles erlauben. Zur Not, indem er oder sie teure, gewiefte Anwälte bezahlen, die Ermittlungen so lange verschleppen, bis sie verjährt sind. Wer arm ist, hat dagegen keine Chance.

Die Mauern von Porto von Mario Lima ist unprätentiös und vielleicht gerade deshalb spannend. Man weiß schon früh, wer der Mörder ist, das korrupte System scheint aber keine Chance zu bieten, ihn für seine Taten haftbar zu machen. Kein Wunder, dass der Ruf nach Selbstjustiz nicht weit ist.

Ich lege Die Mauern von Porto allen ans Herz, die gerne einen Krimi lesen, der tiefer geht und – wie in diesem Fall – auch gesellschaftskritische Aspekte einfließen lässt.

Mario Lima

Mario Lima ist das Pseudonym eines deutschen Autors, der seit vielen Jahren in Portugal lebt. Mit seiner Frau und drei Katzen wohnt er im grünen Norden des Landes. Dort kümmert er sich auch gern um seine Weinreben und keltert selbst etwas roten Vinho Verde.

Buchinfo: Die Mauern von Porto von Mario Lima, erschienen bei Heyne, 08. Februar 2021, 368 Seiten, Klappenbroschur, € 14,99, ISBN: 978-3-453-44113-2. Danke für das Leseexemplar.


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