Nele Neuhaus: Ein Krimi, der ganz real an die Nieren geht

Kurz vor Weihnachten ermitteln Pia Kirchhoff und Oliver von Bodenstein in einer brutalen Mordserie. Ein Profischütze tötet scheinbar wahllos Menschen. Die Lösung des Falles führt sie tief in die Problematik der Organspende hinein. Können sie weitere Opfer vermeiden?

Krimi, Ullstein, Nele NeuhausKriminalkommissarin Pia Kirchhoff ist gedanklich schon auf dem Weg in die Flitterwochen, als sie kurz vor Weihnachten ein Notruf erreicht. In der Nähe von Eschborn wurde eine alte Dame kaltblütig erschossen. Alles deutet auf einen Profi hin, doch warum gerade dieses Opfer? Eine von allen geschätzte, freundliche Frau?

Kurze Zeit später wird die zweite Frau erschossen. Durch das Fenster ihrer Küche. Auch hier weit und breit kein Anhaltspunkt für das Motiv. Keines der beiden Opfer hatte Feinde. Die einberufene Sonderkommission unter der Leitung von Oliver von Bodenstein steht vor einem Rätsel. Erst die anonymen Todesanzeigen, die der Täter der Polizei zukommen lässt, bringen das Ermittlerteam auf die richtige Fährte. Eine Fährte, die ihren Ursprung in einem tragischen Familienschicksal hat.

Gute Krimiunterhaltung in heiklem Kontext

Wieder ist Nele Neuhaus ein fesselnder Krimi gelungen, der mich von der ersten Seite an gepackt hat. Mit scheinbar spielerischer Leichtigkeit schafft sie es, die Spannung bis zur letzten Seite zu halten. Dabei bleibt immer noch Zeit für eine Priese Humor und viele “Menscheln”. Also wirklich gute Krimikost – wie immer bei Nele Neuhaus.

Besonders ist in diesem Buch das Thema, das die Autorin ins Visier nimmt. Sehr eingehend und durchaus kontrovers beschäftigt sie sich mit Organspende.

Wie wir alle wissen, gibt es mehr Menschen, die auf ein Spenderorgan warten, als Spender. Die diversen Skandale in der Vergangenheit haben diese Situation nicht gerade verbessert. Und genau hier setzt auch Nele Neuhaus an:

  • Wie zuverlässig ist die Feststellung des Hirntodes?
  • Wie das Auswahlverfahren?
  • Können Auswahlprozesse “mit Schmiergeld optimiert” werden?
  • Was wird überhaupt entnommen?
  • Wie erleben Angehörige, die Situation, ihre Unterschrift unter die Zustimmung setzen zu sollen?
  • Wie geht es den Koordinatorinnen und Koordinatoren, die unter Zeitrdruck stehen?
  • Wo sind die Grenzen?
Entscheidungen zu Lebzeiten fällen

Dabei geht es ihr – wie sie im Nachwort schreibt – nicht um ein Pro oder Contra Organspende, sondern um eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema zu Lebzeiten. Angehörige sind mit der Situation meist überfordert. Maschinen sorgen dafür, dass das Familienmitglied, der Freund oder die Freundin lebendig aussieht, dass Hoffnungen geweckt werden. So gesehen finde ich das Thema gut gewählt. Allerdings denke ich, dass die Umsetzung bei einigen Lesern zu einem Contra Organspende führen wird, weil auf 530 Seiten doch viele Zweifel gesät und Klischees bedient werden.

Trotzdem oder gerade deswegen: Von mir eine Kaufempfehlung!

Da ich finde, dass ihr die neutrale Betrachtung der Organspende nicht wirklich gelungen ist, hier der Link zu weiteren Informationen: http://www.bmg.bund.de/themen/praevention/organspende/regelung-der-organspende.html

Nele Neuhaus

Nele Neuhaus, geboren 1967 in Münster / Westfalen, lebt seit ihrer Kindheit im Taunus und schreibt bereits ebenso lange. Ihr 2010 erschienener Kriminalroman Schneewittchen muss sterben brachte ihr den großen Durchbruch, seitdem gehört sie zu den erfolgreichsten Krimiautorinnen Deutschlands. Außerdem schreibt die passionierte Reiterin Pferde-Jugendbücher und, unter ihrem Mädchennamen Nele Löwenberg, Unterhaltungsliteratur. Ihre Bücher erscheinen in über 20 Ländern.

Buchinfo: Die Lebenden und die Toten von Nele Neuhaus, erschienen bei Ullstein, Oktober 2014, 560 Seiten, gebunden, € 19,99, ISBN-13 9783550080548. Vielen Dank für die Bereitstellung des Leseexemplares.


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Eine Antwort zu „Nele Neuhaus: Ein Krimi, der ganz real an die Nieren geht”.

  1. […] auch bei Leselustich “Allerdings denke ich, dass die Umsetzung bei einigen Lesern zu einem Contra Organspende […]

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