Ria Nachtmann macht mit Freundinnen Urlaub an der bulgarischen Goldküste. Vordergründig will sie einfach den Sommer genießen. Aber in Wahrheit hat sie die Reise minutiös geplant. Als Mitarbeiter der Staatssicherheit sie festnehmen, droht alles aufzufliegen.

Zwölf Jahre ist es jetzt her, dass Ria Nachtmann, Sekretärin im Bereich Kommerzielle Koordinierung (KoKo), als Spionin für den Bundesnachrichtendienst gearbeitet hat. Seither lebt sie scheinbar angepasst in der DDR, geht ihren Beruf nach und versucht, ein Verhältnis zu ihrer Tochter aufzubauen, die sie gleich nach der Geburt weggeben musste.
Doch in ihrem Innern brodelt es unverändert. Immer deutlicher werden die Beschränkungen für Bürgerinnen und Bürger der DDR. Zwar geht der Fortschritt langsam voran, seit der Mauerbau fähige Fachkräfte davon abhält, in den Westen zu fliegen. Dafür nehmen die Repressalien und Gängelungen im doppelten Tempo zu. Schon Kleinigkeiten, unbedachte Äußerungen, die als Kritik an der Republik ausgelegt werden, werden mit aller Härte bestraft. Wem kann man noch trauen und wer ist längst von der Staatssicherheit gekauft?
Dass ihr Misstrauen begründet ist, bestätigt sich, als Annie, ihre eigene 16-jährige Tochter, sich von der Stasi anheuern lässt. Das Lockmittel: Die Behörde verspricht Annie nähere Informationen über ihren Vater. Den Mann, über den Ria nie ein Wort verloren hat.
Schafft es die Stasi, die zarten Bande zwischen Mutter und Tochter zu zerstören? Und wird Ria ihre große Liebe Jens wiedertreffen. Der Journalist aus dem Westen war der eigentliche Grund ihrer Reise nach Bulgarien.
Spannende Fortsetzung von Rias Geschichte
Ria Nachtmanns Story begann mit Teil eins der Spionin-Reihe Die fremde Spionin von Titus Müller. Man muss Band eins nicht gelesen haben, um Band zwei genießen zu können. Aber es hilft doch sehr, das Handeln der einzelnen Protagonist:innen zu verstehen.
Wieder hat Titus Müller eine spannende Story vor gut recherchiertem historischem Hintergrund abgeliefert. Noch heute ist es schwer vorstellbar, wie rigide die DDR gegen ihre Bürgerinnen und Bürger vorgegangen ist. Und wie extrem die Bespitzelungen auf beiden deutschen Seiten waren.
Das zweite Geheimnis zeigt einmal mehr, dass wir nie wieder einen Keil zwischen Osten und Westen treiben lassen dürfen. So sehr das auch eine populistische Minderheit versucht.
Spannendes Buch, das aufrüttelt. Lesen!
Titus Müller
Titus Müller, geboren 1977, studierte Literatur, Mittelalterliche Geschichte, Publizistik und Kommunikationswissenschaften. Mit 21 Jahren gründete er die Literaturzeitschrift Federwelt, ein Jahr später veröffentlichte er seinen ersten historischen Roman, Der Kalligraph des Bischofs. Titus Müller ist Mitglied des PEN-Club und wurde u.a. mit dem C. S.-Lewis-Preis und dem Sir-Walter-Scott-Preis ausgezeichnet. Für den Roman Nachtauge (Blessing, 2013) wurde Titus Müller 2014 im Rahmen einer Histo-Couch-Umfrage zum Histo-König des Jahres gewählt. Zuletzt erschienen die Romane Berlin Feuerland und Der Tag X.
Buchinfo: Das zweite Geheimnis von Titus Müller, erschienen bei Heyne, 9. Mai 2022, 432 Seiten, Klappenbroschur, € 16,00, ISBN: 978-3-453-44126-2. Danke für das Leseexemplar.
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