Sebastian Fitzek: Das Joshua-Profil

Max Rhode ist ein sogenanntes “One-Hit-Wonder”. Sein Roman “Die Blutschule” sorgte für großes Medieninteresse und eine kurzzeitige Berühmtheit. Seither sucht er nach dem passenden Stoff für einen neuen Bestseller. “Nebenbei” kümmert er sich liebevoll um seine 10-jährige Pflegetochter Yola und hält damit seiner Frau, einer Pilotin, den Rücken frei. Insgesamt also ein sehr unspektakuläres Leben. Bis Yola plötzlich spurlos verschwindet.

Fitzek, Das Joshua-Profil, Thriller, Pädophilie, Big DataEigentlich ist Max Rhode mit seinem Leben nicht unzufrieden. Klar, könnte mal wieder ein neuer Bucherfolg her. Und die Beziehung zu seiner Frau könnte ebenfalls besser sein. Durch ihren Beruf sehen sie sich viel zu selten. Dafür ist Pflegetochter Yola ein Glücksfall. Intelligent, aufgeweckt, lebhaft, der Traum aller Eltern. Keine Selbstverständlichkeit nach ihrem schweren Start ins Leben. Für sie würde Max Rhode alles tun.

Und plötzlich bist du ein Straftäter und keiner glaubt dir

Das ruhige Leben ändert sich schlagartig, als Max ins Visier von Menschen gerät, die glauben, eine Programm entwickelt zu haben, dass potenzielle Straftäter aufgrund ihrer Aktivitäten im Netz aufspüren kann, bevor sie ihre Straftat begehen können. Sie setzen alles daran, Max Rhode aus dem Verkehr zu ziehen. Ihr “Köder” ist Yola, die plötzlich verschwunden ist. Max macht sich auf die Suche.

Okay, die Geschichte mit dem Programm, dass Verbrecher identifizieren kann, ehe sie ein geplantes Verbrechen begehen, ist nicht neu. Und zwischenzeitlich ist wohl den meisten Menschen bewusst und bekannt, dass wir alle überall digitale Fingerabdrücke hinterlassen. Sei es durch unser Suchverhalten im Netz, durch Einkaufen mit Kundenkarten, durch die Teilnahme an Gewinnspielen, oder, oder, oder.

Real oder virtuell – es geht um Leben und Tod

Doch was passiert, wenn wir für unsere Arbeit recherchieren? Themen, die uns privat nicht betreffen, die aber unserem Profil zugeordnet werden. Wenn wir mit unserer Kundenkarte für andere einkaufen gehen? Wenn neue Steinchen plötzlich ein komplett anderes Puzzle entstehen lassen? Wie unterscheidet man dann zwischen realem und virtuellem Leben?

Insofern hat sich Sebastian Fitzek ein spannendes, zeitgemäßes, heiß diskutiertes Thema vorgenommen und gut und ausführlich beleuchtet. Auch wenn ich an einigen Stellen ein etwas strafferes Tempo bevorzugt hätte, hat mir die Story insgesamt gut gefallen.

Doch Fitzek wäre nicht Fitzek, würde er es bei einem Handlungsstrang belassen. Mit dem Thema Pädophilie packt er gleich noch ein zweites, kontrovers diskutiertes Thema in “Das Joshua-Profil”. Und hier gefällt mir sehr gut, wie er sich mit dem Thema auseinander setzt.

Pädophilie in unüblichem Thriller-Kontext

Ich persönlich habe, wie wohl die meisten Menschen, eine absolute Null-Toleranz für Gewalt gegen Kinder, egal ob physisch, psychisch oder sexuell (also sowohl physisch als auch psychisch). Aber ebenso wie Sebastian Fitzek habe ich großen Respekt vor Menschen, die sich zu ihrer Pädophilie bekennen und Hilfe suchen, bevor sie straffällig werden. Dazu gehört viel Selbstreflektion und noch mehr Mut. Einen Vergewaltiger von Kindern, der seine Strafe abgesessen hat und als einer der Hauptcharaktere der Story auftaucht, so positiv zu besetzen, dazu gehört auch Mut. Sebastian Fitzek hat diesen Mut.

Und weil aller guten Dinge bekanntlich drei sind, bekommt auch noch dem Thema Pflegefamilien eine exponierte Rolle zu. Wie ich aus einer befreundeten Familie selbst erfahren habe, ist es in der Tat keine Seltenheit, dass schwer misshandelte Kinder auf Antrag der leiblichen Eltern wieder in ihre Ursprungsfamilie zurück müssen, auch wenn die Verhältnisse dort keinesfalls gesichert bzw. gebessert sind. Eine Tatsache, die ich in keinster Weise nachvollziehen kann, wie übrigens vieles, was zwischen Jugendämtern und Pflegefamilien abläuft.

Das Nachwort ist ein Muss!

Drei Themen, die für meinen Geschmack das Nachwort zu “Das Joshua-Profil” fast wichtiger machen als die eigentliche Story selbst. Denn nach gepflegter Thriller-Unterhaltung kann man sich ruhig ein paar ernsthafte Gedanken zu den Hintergründen der aufgegriffenen Thematik machen. Ich danke Sebastian Fitzek für seine offen und kritischen Worte an dieser Stelle.

Kurzum: Ich bin froh, dass Fitzek nach Passagier 23 nicht mehr ganz so abstrus weiter arbeitet und freue mich schon auf sein nächstes Buch. Vielleicht werde ich mir auch ”Die Blutschule” ansehen, dass Fitzek als Max Rhode geschrieben hat. Mal schauen.

Ihr jedenfalls solltet “Das Joshua-Profil” lesen, wenn ihr an aktuellen Themen in Thrillerform interessiert seid.

Sebastian Fitzek

Sebastian Fitzek, Jahrgang 1971, geboren in Berlin, entschied sich nach dem Studium der Rechtswissenschaften und der Promotion zum Dr. jur. gegen einen juristischen Beruf und für eine kreative Tätigkeit in den Medien. Nach dem Volontariat bei einem privaten Hörfunksender wechselte er als Unterhaltungschef und später als Chefredakteur zur Konkurrenz und machte sich danach als Unternehmensberater und Formatentwickler für zahlreiche Medienunternehmen in Europa selbständig. Er lebt in Berlin, wo er derzeit in der Programmdirektion eines großen Hauptstadtsenders tätig ist.

Buchinfo: Das Joshua-Profil von Sebastian Fitzek, erschienen bei Bastei Lübbe, 26.10.2015, 430 Seiten, gebunden, ISBN: 978-3-7857-2545-0, 19,99 Euro


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Eine Antwort zu „Sebastian Fitzek: Das Joshua-Profil”.

  1. Avatar von Max Rhode: Die Blutschule | LeseLustich

    […] Sebastian Fitzek schreibt als Max Rhode und bereitet so den Boden für seinen Thriller “Das Joshua-Profil”. […]

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