Melanie Metzenthin: Die Hafenschwester (1)

Hamburg 1892. Die Cholera hat die Stadt fest im Griff. Besonders hart getroffen: Die Ärmsten unter den Armen. Die junge Martha gehört dazu. Kurz nacheinander verliert sie ihre kleine Schwester und ihre Mutter. Erlebnisse, die ihr weiteres Leben prägen.

Als Bewohnerin des Gängeviertels in Hamburg trägt die 14-jährige Martha eine schwere Hypothek mit sich herum. In dieser Gegend der Hansestadt leben die Ärmsten der Armen. Menschen, denen kaum ein Weg in eine bessere Zukunft offen steht. Weil die Gesellschaft das so beschlossen hat.

Marthas Eltern, der Vater ist Schauermann im Hafen und be- und entlädt die Schiffe aus aller Welt, die Mutter verdient durch Näharbeiten etwas dazu, tun alles, um ihren drei Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. Martha soll eine Schneiderlehre machen und ihr jüngerer Bruder sogar aufs Gymnasium. Dafür wird jeder Pfennig zur Seite gelegt.

Als nach der kleinen Schwester auch Marthas Mutter an der Cholera erkrankt und trotz Marthas aufopfernder Pflege stirbt, geraten alle Hoffnungen ins Wanken. Der Vater verkriecht sich in sich selbst, vernachlässigt seine Arbeit, sucht Trost im Alkohol. Wollen sie nicht verhungern, muss Martha die Verantwortung für die Familie übernehmen. Dass ausgerechnet die Pflege ihrer Mutter ihr ganz neue Zukunftsperspektiven eröffnen wird, wagt das überforderte Mädchen in dieser Situation nicht zu träumen.

Ein packendes Zeitgemälde

Wie hätte mein Leben ausgangs des 19. Jahrhunderts ausgehen? Vermutlich nicht so viel anders als bei Martha. Abitur? Fehlanzeige. Studium? Erst recht nicht. Selbstbestimmt und selbstfinanziert leben? Nein. Dabei liegen gerade mal 120 Jahre, also rund fünf Generationen zwischen ihrer und meiner Jugend. Zwar habe ich mir tatsächlich noch den Satz “Was brauchst du Abitur? Du heiratest doch sowieso.” anhören müssen, aber interessiert hat er mich nicht mehr. Er sagte nur etwas über die Person aus, die sich entsprechend geäußert hat, nicht über meine Möglichkeiten.

Für Martha schien hingegen dies die einzige Chance zu sein, hätte nicht die Cholera gewütet. Weil sie durch die professionelle Pflege ihrer Mutter positiv auffällt, bekommt sie die Chance, als Krankenwärterin zu arbeiten. Kein angesehener Beruf, aber immerhin ein eigenes Einkommen. Und das ist nur der Beginn. Schnell fällt auf, dass sie ein Händchen für Kranke und die Medizin hat. Da sie gleichzeitig freundlich, höflich und wissbegierig ist, wird ihr der Weg zu einer Ausbildung zur Krankenschwester geebnet. Ein Weg, der eigentlich nur den reichen Bürgerstöchtern offen steht. Entsprechend schwer wird ihr hier das Leben gemacht.

Martha nutzt ihr Chancen

Doch Martha setzt sich zu Wehr. Und sie findet Gleichgesinnte. Da sind zum einen die privaten Frauenzirkel. Frauen einflussreicher Männer, die wiederum ihren Einfluss für benachteiligte Frauen einsetzen. Zum anderen sind da die Treffen der Sozialdemokraten. Hier fühlt sich Martha verstanden und hier trifft sie auch den Mann, der ihr Leben begleiten wird. Der sie nicht beschränkt sondern sie darin unterstützt, ihre Träume umzusetzen und zu leben. Der ihr Mut macht, sich aber auch von ihr stützen lässt, als für ihn nicht so läuft, wie geplant. Gemeinsam leben sie ein Leben, das ihrer Zeit weit voraus war.

Die Hafenschwester von Melanie Metzenthin hat mich begeistert und ich warte gespannt auf Band zwei der hervorragend recherchierten Saga.

|| Ich würde mich übrigens freuen, wenn ihr euch – bei Interesse – dieses Buch im regionalen Buchhandel bei euch vor Ort bestellt. Damit steigen die Chancen, dass wir Buchfans auch in Zukunft noch gelegentlich dort bummeln und stöbern können.||

Melanie Metzenthin

Melanie Metzenthin wurde 1969 in Hamburg geboren, wo sie auch heute noch lebt und als Fachärztin für Psychiatrie arbeitet. Mit der Vergangenheit ihrer Heimatstadt fühlt sie sich ebenso verbunden wie mit der Geschichte der Medizin, was in vielen ihrer Romane zum Ausdruck kommt. Die Hafenschwester. Als wir zu Träumen wagten ist ihr erster Roman im Diana Verlag und der Auftakt zu einer Serie.

Buchinfo: Die Hafenschwester von Melanie Metzenthin, erschienen bei Diana, 09. September 2019, 464 Seiten, Klappenbroschur, € 15,00, ISBN 978-3-453-29233-8. Danke für das Leseexemplar.


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2 Antworten zu „Melanie Metzenthin: Die Hafenschwester (1)”.

  1. Avatar von Melanie Metzenthin: Die Hafenschwester – Als wir wieder Hoffnung hatten – LeseLustich

    […] in einem sicheren und behüteten Umfeld aufgewachsen zu sein. Ein sehr spannender Kampf, den Melanie Metzenthin in Band eins der Hafenschwester-Serie super lebendig beschrieben […]

  2. Avatar von Kate O’Hara: Stadt der Träume – LeseLustich

    […] hat mich allerdings nicht so intensiv gepackt wie die Gut Greifenau Saga von Hanna Caspian oder Die Hafenschwester von Melanie Metzenthin. Aber das kann mit Band zwei ja noch […]

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